Nennen Sie es einfach soziales Engagement!

Spreewaldidylle, das sind Kähne, Trachten, Gurken, Meerrettich und bemalte Ostereier. Für die Menschen der Region selbstverständlich. Spreewaldprobleme regen sie mehr auf: der Braunkohleabbau, die Wölfe.

Kein Wunder, dass bei zwei Morden an bekannten Umweltaktivisten, darunter einem Grünen-Politiker, ein Zusammenhang mit solchen Reizthemen nahe liegt.

Aber ist dieser Verdacht wirklich berechtigt?

Schritt für Schritt geht das Team der Kriminalisten aus Cottbus um Kommissar Nachtigall allen Spuren nach und entfaltet ein breit gefächertes Bild von Lebens- und Verhaltensauffassungen, die sich in der Provinz nicht von denen in der Großstadt unterscheiden.

Es gelingt Franziska Steinhauer, die selbst studierte Forensikerin ist, den Alltag der Menschen, ihren Streit um die sie bewegenden Probleme und ihr politisches Engagement in einer unaufdringlichen Weise mit dem Kriminalfall zu verbinden. Die Handlung spielt in der jüngsten Gegenwart, der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ist dem Gedächtnis des Lesers genauso präsent wie die Meldungen über gerissenes Jungvieh oder die Proteste gegen den Braunkohleabbau. Prepper, Samenspenden und Corona-Vorschriften werden unaufgeregt eingeordnet.

Wohltuend ist es, dass die Autorin ihren Cottbusser Kriminalisten Peter Nachtigall, Maja Klapproth und Silke Dreier eigenes Leben, eigene Probleme einräumt, diesen aber nicht gestattet, damit die Handlung zu dominieren und den Leser zu überfordern. Man spürt, wie sich ihre Ermittler zu Disziplin zwingen. Es geht schließlich um die Lösung eines Kriminalfalls und nicht um sie. Oder vielleicht doch?

Steinhauer, Franziska. Spreewaldkohle. Gmeiner-Verlag, 2021.

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