Bad Freienwalde: Kurstadt am Hang

Zum Glück ist es wieder möglich, ganz weit weg zu fliegen.

Aber ehrlich: Der Sommer in Brandenburg hat für mich alles, was ich zum Erholungs-Glück brauche: Natur mit Seen und Wäldern, Kultur, Konzerten open air und Exkursionen, kleine Städte mit Kirchen und Fachwerk und ganz viel Ruhe, bis die Sehnsucht nach dem Alltag wieder wachsen kann. Und so nutzen mein allerbester Freund und ich freie Tage, um Ecken des Landes zu erkunden, die wir noch nicht kennen oder der letzte Besuch Jahre zurück liegt.

Bad Freienwalde stand schon im Fontane-Jahr 2019 auf unserem Ausflugsplan, aber immer wieder schoben sich die Pandemie oder andere Ereignisse in den Vordergrund. „Freienwalde – Hübsches Wort für hübschen Ort“ Fontanes Worte klingen wie ein Werbespruch für die kleine Stadt zwischen Oderbruch, Barnim und Märkischer Schweiz.

Wer auf Bad Freienwalde zurollt, kommt angesichts der hügeligen Landschaft schnell auf den Gedanken, dass er irgendwo im Mittelgebirge gelandet ist. Verantwortlich ist die letzte Eiszeit vor etwa 10 000 Jahren. Die Gletscher hinterließen die Höhenunterschiede. Grundmoräne, Endmoräne, Sander, Urstromtal … Glaziale Serie … verschüttetes Wissen und ich weiß nicht, ob wir auf einer Grund- oder Endmoräne unterwegs sind. Auch egal, schön ist es. Sogar einen märkischen Bergwanderpark gibt es rund um Bad Freienwalde, das Fontane in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ als „Bergstadt“ bezeichnete.

Kurstadt mit langer Geschichte

Friedrich Wilhelm (1620 – 1688) aus dem Hause Hohenzollern, genannt der Große Kurfürst, war der erste prominente Kurgast des Ortes. Er probierte das Wasser und lobte seine wohltuende Wirkung. So gilt Bad Freienwalde heute als ältester märkischer Kurort und seine Quelle verweist auf den hochwohlgeborenen Entdecker und nennt sich „Kurfürstenquelle“.

Nach dem Adel kam später das wohlhabende Bürgertum vor allem aus der nahen Hauptstadt. Es kurierte seine Leiden und sorgte für den Wohlstand der Bürger. Die inzwischen sanierten spätbarocken, frühklassizistischen und gründerzeitlichen Häuser und Villen zeugen noch heute davon. Der Rundgang durch die Stadt sollte auf dem Marktplatz mit dem Rathaus aus dem 19. Jahrhundert beginnen.

Das klassizistische Schloss mit seinem gepflegten Schlosspark steht auf dem Apothekerberg. Und mit noch einem sehenswerten Park kann Bad Freienwalde punkten: Der Landschaftspark im Brunnental wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Stil eines englischen Landschaftsgartens nach Plänen von Peter Joseph Lenné angelegt.

Noch immer suchen Menschen Linderung von ihren Leiden in Bad Freienwalde. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts steigen Patientinnen und Patienten in Moorbäder, die noch immer die Hauptrolle im Kurwesen des märkischen Ortes spielen. Behandelt werden vor allem Krankheiten aus dem orthopädischen und rheumatologischen Spektrum.

Das Fontanehaus Schiffmühle

Fontane wäre wohl über kurz oder lang bei seinen Wanderungen durch die Mark in Bad Freienwalde gelandet, aber die Familiengeschichte trieb ihn weitaus früher hierher. 1855 erwarb Vater Louis Henri das kleine Fachwerkhaus in Schiffmühle. Bis zu seinem Tod 1867 war es der Lebensmittelpunkt des Vaters mit einem unsteten Leben. 1867 gab es einen letzten Besuch des Dichters bei seinem Vater. Begraben ist Louis Henri Fontane auf dem Friedhof in Schiffmühle. In die Weltliteratur ging der Ort an der Wriezener Alten Oder durch Fontanes Beschreibung in seinen „Kinderjahren“ ein.

Heute ist das idyllische Fachwerkhaus ein modern gestaltetes Museum, das Fontane und die Geschichte des Ortes Schiffmühle würdigt. Zu sehen sind nicht nur ein kleines Apothekenmuseum (Vater und Sohn waren Apotheker), allerlei Alltagsgegenstände, sondern auch eine Dokumentation, wie das Haus gerettet wurde.

Haus und Garten laden ein, Brandenburgs berühmten Sohn und die Gegend besser kennen zu lernen. „Die Rettung der Welt verlangt ein tiefes Verständnis für die eigne Region“, erklärt der Tourismus-Fachmann Ben Schubert beim Rundgang durch Haus und Garten. Dem kleinen Enthusiasten-Team um ihn herum ist es auch zu verdanken, dass während der Öffnungszeiten Kaffee und Kuchen serviert werden und der große Garten mit Spielmöglichkeiten für Kinder und einem kleinen Bauerngarten zu einer Erlebnispause wird.

Adresse: Fontanehaus, Schiffmühle 3, 16259 Bad Freienwalde
Geöffnet von Ostern bis Oktober: freitags bis sonntags jeweils 12 bis 18 Uhr (und nach Vereinbarung).
bad-freienwalde.de/fontanehaus-schiffmuehle

Lust auf mehr?

Rund um Bad Freienwalde gibt es mehrere gute ausgeschilderte Wanderwege, der Ort bietet sich zugleich als Ausgangspunkt für längere Touren an.

Sehenswert ist Schloss Neuenhagen (Freienwalder Str. 12, 16259 Bad Freienwalde), das aus seinem Dornröschenschlag erweckt wurde und nun ein individuelles Hotel ist, das auch Kunstausstellungen veranstaltet. Einst war das Schloss Sitz der Uchtenhagens, eines der ältesten brandenburgischen Adelsgeschlechter. Fontane lobte die komfortable Unterkunft.

Nicht weit ist es von Bad Freienwalde aus nach Oderberg (Kanuverleih für Touren auf der Alten Oder sowie Fahrgastschifffahrt zum und durch das Schiffshebewerk Niederfinow, Richtung Hohensaaten, auch Charterfahrten), zu Europas größten Schiff-Fahrstühlen in Niederfinow (alt und neu) und ins Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin.

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